Räumliche Wahrnehmung

«Räumliche Wahrnehmung ist kein gerichteter Prozess, kein stetiger, kein kontrollierbarer Prozess. Die Rolle des Vorwissens, der Erfahrung, der momentanen Verfasstheit, der Assoziations- und Reaktionsfähigkeit auf Auslöser – auch wo diese von Gestaltern absichtsvoll eingesetzt sind – verändert sich situativ. Die Empfänglichkeit für Wirkungen ist wechselhaft und ungesichert.»

Elisabeth Blum, Atmosphäre. Hypothesen zum Prozess der räumlichen Wahrnehmung, Baden 2010

Verirren

«Prantl geht früh aus dem Hotel und bleibt den Kongressveranstaltungen fern. Er würde sich gern verlaufen, die Landschaft ist aber so durchrastert, durchzogen von Wegen und Hinweisen auf Ausflugsziele, dass er den Rückweg viel zu leicht und zu schnell findet; er versucht dann, sich in einer anderen Richtung zu verirren.»

Aus: Libuse Moníková, Treibeis, München/Wien 1992

Landschaftsraum

«Auch die Natur ist also einbezogen in die menschliche Raumordnung. Auch die Landschaft ist kultiviert worden. Und wenn auch die Vorgegebenheit des Geländes und die Eigengesetzlichkeit des organischen Wachstums dem menschlichen Gestaltungswillen gewisse Grenzen setzen, so bleibt im Grunde doch auch hier dasselbe Ordnungsgefüge von Plätzen und Stellen erhalten, in dem ihm der Raum verständlich wird. Auch die Landschaft ist Kultur, ist menschlicher Arbeits- und Wohnraum geworden.»

Otto Friedrich Bollnow, Mensch und Raum, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1980

Hauptbewegung

«Die Hauptbewegung des Gehens besteht in der rhythmisch abwechselnden Bewegung der Beine. Ein Bein besorgt das Stützen und Abheben, während das andere freischwingend nach vorn geführt wird, um den vorfallenden Körper aufzufangen und demnächst zum Stützbein zu werden. Charakteristisch ist, dass der hintere Fuss den Boden erst dann verlässt, wenn der vordere ihn erreicht hat. Es besteht also in einer kleinen Zeitspanne ein ‚Doppelstütz‘. Die Fühlung der Unterlage geht (im Gegensatz zum Laufen) niemals völlig verloren. Der ganze Körper wird mitbewegt, der Schwerpunkt senkrecht gehoben und gesenkt, was im Auf und Ab des Kopfes besonders deutlich wird. Auch seitlich wird der Schwerpunkt zur Gleichgewichtserhaltung rhythmisch jeweils über das Standbein verlagert. Dazu kommen Drehungen des Rückens, die durch entgegengerichtete Schulterdrehungen mit entsprechendem Mitschwingen der Arme ausgeglichen werden.»

W. Thörner, Biologische Grundlagen der Leibeserziehung, Bonn 1959

Die Stadt als Bühne

«Die beweglichen Elemente einer Stadt – insbesondere die Menschen und ihre Tätigkeiten – sind genauso von Bedeutung wie die stätionären physischen Elemente. Wir sind nicht einfach Beobachter des Schauspiels – wir spielen selber mit und bewegen uns auf der Bühne gemeinsam mit den anderen Spielern. Meistens ist unsere Wahrnehmung von der Stadt nicht ungeteilt und gleichmässig, sondern vielmehr zerstückelt, fragmentarisch, mit anderen Dingen und Interessen vermischt. Fast alle Sinne treten in Tätigkeit, und das vorgestellte Bild setzt sich aus ihnen allen zusammen.»

Kevin Lynch, Das Bild der Stadt, Basel 1989